Ginny Owens: I Know A Secret

Ginny Owens hat eine prima Stimme, die an Amy Grant erinnert. Sie macht schöne, sanfte Pop-Melodien, die recht glatt arrangiert sind. So weit, so gut, aber damit hebt sie sich nicht von der Masse der (christlichen) Musikproduktionen ab. Es sind ihre Texte, die genaueres Hinhören lohnenswert machen. Schon der Einstieg von »I Know A Secret«: »Yesterday I watched from the top of world, and today I watched the world come crashing down« schildert die ganze Bandbreite, die Höhen und Tiefen, die Unsicherheiten und Veränderungen des Lebens. Man fühlt sich, als würde man unter Wasser atmen, nachdem man gestern doch auf Wolken dahinflog. Das ist schön beschrieben und fein beobachtet. Da ist aber auch ein wohltuender Schuss Selbstironie: »This morning I woke up, poured coffee in my cup, prayed God would save me from my first-world problems. « Was hilft, nicht ständig um die kleinen Luxusprobleme zu kreisen? Die Antwort kommt unscheinbar daher, könnte aber weitreichende Konsequenzen haben: Mehr geben als nehmen, im Heute leben, eine Haltung der Dankbarkeit einüben … Ich bin unschlüssig, ob sie diese Gedankenvielfalt, diese schönen Bilder und analytischen Beobachtungen nicht besser in aufregende, sperrige Musik verpackt hätte, die mehr zum Hinhören zwingt. Oder erreicht sie gerade durch die eingängigen Melodien, ihre warme Stimme und gefälligen Arrangements mehr Leute mit diesen Texten? Wahrscheinlich ist es für sie keine echte Frage, weil sie das machen muss, was zu ihr passt – insofern scheint mir »I Know A Secret« ein sehr stimmiges Album zu sein.

Zugehört_Christof Klenk